Pressemitteilungen

Uta Müller, Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur
Rede zum Haushaltsgesetz 2002/2003,
EP 06 / Wissenschaft und Forschung

Potsdam, 12.12.2001

- es gilt das gesprochene Wort –

Anrede

Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf ist es uns gelungen, trotz Konsolidierungskurs des Landes, weitere Einschnitte und Kürzungen im Hochschulbereich zu vermeiden. Grundlage dafür war auch der Antrag der Koalition „Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen“ vom Mai diesen Jahres. Hochschulpolitik hat jetzt Priorität in der Landespolitik. Ob dieses Prioritätspostulat ein Lippenbekenntnis ist oder ob wir es damit ernst meinen, werden die künftigen Haushaltsberatungen zeigen, denn der Reinvestitionsbedarf der Hochschulen wird sich bis zum Jahr 2005 auf über 40 Millionen € summiert haben. Auch die lobenswerterweise bereits vom Kabinett beschlossenen 3.500 zusätzlichen Studienplätze werden zusätzliche Kosten verursachen und für neue Hörsäle und Labore braucht man ebenfalls zusätzliches Personal und mehr Sach- und Betriebmittel. Die derzeitige permanente Personalüberbelastung in den Hochschulen ist ein weiteres Problem, das wir nicht auf die lange Bank schieben sollten. Denn schon heute gibt es Beispiel dafür, dass Professoren dem Ruf an anderen Hochschulen folgen, weil sie dort bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Hier konnten wir im Doppelhaushalt 02/03 noch keine wirkliche Entlastung schaffen. Ich denke, dass in diesem Haus aber Einigkeit darüber herrscht, dass im Wettbewerb der Hochschulen Brandenburgs Hochschulen nicht auf der Verliererseite stehen dürfen.

Anrede

Die innere Reform der Hochschulen ist im vollen Gange, aber die Hochschulen brauchen Planungssicherheit um diese Reformen erfolgreich weiterführen zu können. Fast alle Hochschulen haben Entwicklungskonzeptionen erarbeitet, um ihr Angebot künftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen anzupassen. Dies beginnt bei der Konzeption von neuen Studiengängen, der Profilierung der Fachbereiche, der Modulation des Studiums und endet noch lange nicht bei der Einführung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge. Ab nächstem Jahr nehmen fünf Hochschulen freiwillig am Modellversuch Globalisierung teil, das heißt: Die globalisierten Hochschulen arbeiten mit nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gegliederten Wirtschaftsplänen. Bestandteile sind u.a. die Kosten- und Leistungsrechnung als internes Steuerungsinstrument und eine Produkt und Leistungsbeschreibung, mit der dem Parlament und der Öffentlichkeit Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Gleichzeitig haben unsere Hochschulen in den vergangenen Jahren ein Netz an Kooperationsbeziehungen zu in- und ausländischen Hochschulen sowie zu außeruniversitären Forschungseinrichtungen aufgebaut. Viele gemeinsame Berufungen und institutionell abgesicherte Verbindungen schaffen Synergieeffekte und sind die Voraussetzung für die nötige Internationalisierung des Studiums. Sie sehen, die Hochschulen sind auf gutem Weg. Diese Initiativen und Bemühungen der Hochschulen müssen sich künftig in einer leistungsorientierten Finanzierung wiederspiegeln, das heißt, belehnt werden. Die SPD-Fraktion wird diesen Prozess sehr aufmerksam begleiten.

Anrede

Erst letzte Woche war der Wissenschaftsausschuss zu Besuch an der Fachhochschule Brandenburg und konnte sich von der Leistungsfähigkeit der Hochschule überzeugen. Mit großem Engagement werden an den drei Fachbereichen „Technik“, „Wirtschaft“ sowie „Informatik und Medien“ die Studierenden auf das Berufsleben vorbereitet. Mit neuen, innovativen Technologien erarbeiten sich dort junge Menschen Lebensperspektiven und wollen sich mit Praktika, Diplomarbeiten und eigenen Forschungsprojekten in die Wirtschaft einbringen. Doch das Wissens- und Forschungspotential der Hochschule wird von den Unternehmen der Region nicht ausgeschöpft. Forschungs- und Entwicklungsaufträge aus der Industrie, die die begehrten Drittmitteleinnahmen bringen, kommen aus Süddeutschland und nicht aus der Region. Und dieser Umstand ist symptomatisch für alle unsere Hochschulen. Es gibt in Brandenburg noch immer ein Kommunikations- und Informationsdefizit zwischen Wirtschaft und Hochschulen. Hier dürfen wir die Hochschulen nicht alleine lassen, deshalb wird der Wissenschaftsausschuss die von der Landesregierung auf Antrag der Koalition eingeleiteten Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit prüfen und gegebenenfalls erweitern.

Ich bleibe bei der Fachhochschule Brandenburg. Hier gibt es, wie im Brandenburgischen Hochschulgesetz vorgesehen, eine sogenannten Technologie- und Innovationsberatungsstelle, kurz: TIBS. Auch diese TIBS hat ein Dienstleistungsangebot zum Technologietransfer entwickelt und ist seit Jahren bemüht, Kontakte mit den Unternehmen der Region zu knüpfen. Dennoch ist die Finanzierung der TIBS, insbesondere ihre Personalsituation, jährlich mit neuen Fragezeichen versehen. Mit befristeten Personalstellen ist eben kein kontinuierliches Arbeiten möglich. Langfristige Planung und der dauerhafte persönliche Kontakt zu den Unternehmen der Region sind für diese Arbeit unerlässlich - nicht nur zum Wohl der Hochschulen, sondern vor allem, um die wirtschaftliche Entwicklung der Region und unseres Landes zu befördern. Schließlich entscheidet die Fähigkeit, neue Forschungsergebnisse zur Marktreife zu bringen, über Erfolg oder Misserfolg im Innovationswettbewerb. Diese Fähigkeit setzt jedoch eine gut funktionierende Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft voraus. Und wenn es um die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft geht, dann muss sich hier das Wirtschaftsministerium noch stärker in die Verantwortung nehmen lassen. Warum sind die TIBS so wenig bei Brandenburger Unternehmen bekannt und warum reißen sich Brandenburger Unternehmen nicht um studentische Praktikanten? An den 600 Mark monatlicher Praktikantenvergütung kann es ja wohl nicht liegen.

Anrede

Auf das bestehende Kommunikations- und Informationsdefizit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft hat der bereits erwähnte Antrag der Koalition hingewiesen und beide Seiten sowie die Landesregierung aufgefordert, die Funkstille zu überwinden und intensiv zu kooperieren. Die Fachhochschule Potsdam hat bereits Fakten geschaffen und einen Kooperationsvertrag mit der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg unterzeichnet, der an diesem Freitag ausgetauscht wird. Der Vertrag sieht die Zusammenarbeit in Forschung, Lehre und Weiterbildung vor.

Anrede

Sie sehen, die Hochschulen und die Unternehmerverbände haben die Zeichen der Zeit längst erkannt. Ich frage mich nur, wie lange wird es noch dauern, bis diese Erkenntnisse zu unseren brandenburgischen Klein- und Kleinstunternehmen durchdringen? Ich richte an dieser Stelle einfach noch einmal die Bitte an das Wirtschaftsministerium, den TIBS Unterstützung zu geben. Möglich wäre beispielsweise eine Werbekampagne, um das Angebot der TIBS und das Leistungsspektrum unserer Hochschulen bei den Kleinbetrieben bekannter zu machen? In diesem Zusammenhang ist es unumgänglich, dass man zu ressortübergreifenden Absprachen über den Einsatz von Haushaltsmittel kommen muss.

Anrede

Der jetzige Haushalt gibt uns nur begrenzte Möglichkeiten, das Wissenspotenzial in unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter zu entwickeln. Deshalb hat sich der Wissenschaftsausschuss auf SPD-Initiative darauf verständigt, ab 2002 regelmäßig Vertreter der brandenburgischen Hochschulen anzuhören und den Hochschulen bei der Bewältigung ihrer drängendsten Probleme ein Partner zu sein.


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