Pressemitteilungen

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Rede der Abgeordneten Uta Müller (SPD-Fraktion)
zum Antrag 3/3274:

Einrichtung einer Kommission für ausländerrechtliche Härtefälle

Potsdam, 19.09.2001

Meine Damen und Herren,

ich spreche als Miteinbringerin des Antrages, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Politiker Handlungsspielräume haben und sich nicht auf formale Rechtsauslegungen zurückziehen oder hinter den Buchstaben des Gesetzes verstecken dürfen. Wir haben die Pflicht, Entwicklungen zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu reagieren.

Die jüngsten Ereignisse in meinem Wahlkreis Guben zeigen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Wir konnten der Familie Nguyen helfen und haben vorerst das schlimmste für die Familien Bunjaku und Rexhaj abgewendet.

Man kann aber nicht alle ähnlich gelagerten Fälle mit spektakulären Aktionen lösen, es handelt sich doch um menschliche und soziale Notsituationen, für die eine grundsätzliche Lösung gefunden werden muss.

Deshalb bin ich überzeugt, dass die Einrichtung einer Kommission für ausländerrechtliche Härtefälle ein Schritt in die gewünschte Richtung ist. Mit diesem Antrag wird nicht mehr und nicht weniger gefordert, als humanitäre Entscheidungen über den Verbleib einiger weniger ausländischer Mitbürger in unserem Land vorzubereiten und zu empfehlen. Gegenwärtig leben etwa 100 besonders hart betroffene Familien in unserem Land, deren Zukunft höchst ungewiss ist.

Mit meiner Forderung nach einer Härtefallkommission befinde ich mich in Übereinstimmung mit dem Bürgermeister und den Stadtverordneten aller Fraktionen in Guben. In ihrem offenen Brief an den Landtag und die Landesregierung fordern sie eine Härtefallprüfung durch ein vom Landtag und von der Landesregierung bevollmächtigtes Gremium, das in besonderen Härtefällen aus humanitären Gründen den Verbleib von Ausländern in unserem Land auch über das gegenwärtig verfasste Ausländerrecht hinaus ermöglichen kann.

Auch der SPD-Unterbezirk Spree-Neiße hat sich intensiv mit dieser Problematik befasst und einen Antrag an den SPD-Landesparteitag gestellt. Darin heißt es: Der derzeitige Gesetzesentwurf des Bundesinnenministers über Zuwanderung bietet für einzelne Fallgruppen Ansatzmöglichkeiten. Da dieses Gesetz jedoch noch nicht in Kraft ist, möge der SPD-Landesparteitag beschließen: Zur Vermeidung von Härtefällen in der Abschiebepraxis langjährig in Deutschland lebender, nachweislich integrationsfähiger ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, wird eine Kommission eingerichtet, die in Zweifelsfällen über die Möglichkeit eines Vetos mit aufschiebender Wirkung verfügt.

Im Fall der Familien Bunjaku und Rexhaj hat sich Landrat Friese - sehr allein gelassen und in einem persönlich äußerst schwierigen Abwägungsprozess - für die Verlängerung der Duldung um ein Jahr entschieden, in der Hoffnung, das neue Zuwanderungsgesetz berücksichtige solche Fälle.

Aber, meine Damen und Herren, welche Regelungen die endgültige Fassung des Zuwanderungsgesetzes enthält, steht noch nicht fest. Deshalb würde mit der Bildung einer Härtefallkommission zum jetzigen Zeitpunkt auch die Notwendigkeit einer einheitlichen bundesdeutschen Regelung unterstrichen.

Meine Damen und Herren,

wir haben im Land ein Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit für notwendig befunden, wir denken laut über das Amt eines Extremismusbeaftragten nach, wir führen Statistiken und streiten über die wirkliche Zahl von rechtsextremen und fremdenfeindlichen Straftaten in der Annahme, sie seien weit höher als angegeben. Aber da, wo Brandenburger Bürger Zivilcourage zeigen, aus christlicher Nächstenliebe, aus Verantwortung für den ausländischen Mitbürger, da wo Tausende lautstark und freiwillig ihre politische Mitwirkung wahrnehmen und das Unübliche fordern, nämlich: lasst sie hier bleiben, sie gehören schon zu uns!, da wo Integration schon vollzogen ist, dürfen wir Politiker nicht zögern.

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem Antrag und seinem menschlichen Anliegen eine Chance zu geben und appelliere an meine Abgeordnetenkollegin Frau Schulz, wenn sie schon nicht vermochte, diesen Antrag mit einzubringen, ihn wenigstens in der Sache mitzutragen.



Berliner Morgenpost vom 20.09.2001
Keine Härtefallkommision für Flüchtlinge

Potsdam. Auch künftig will Brandenburg Flüchtlingsfragen ohne eine Härtefallkommission lösen. Einen entsprechenden Antrag der PDS und einiger SPD-Abgeordneten lehnte der Landtag gestern nach heftiger Debatte ab. Das geltende Ausländerrecht werde auch schwierigen Einzelfällen gerecht, sagte Justizminister Kurt Schelter (CDU). Die PDS-Opposition hatte die Forderung gestern auf die Tagesordnung des Landtages gesetzt. Der Antrag wurde durch die Mehrheit von SPD und CDU trotz zahlreicher Gegenstimmen abgeschmettert. Unterschrieben hatte den Antrag auch die Gubener SPD-Abgeordnete Uta Müller: "Politiker haben in Ausländerfragen Handlungsspielräume, dürfen sich nicht hinter Buchstaben des Gesetzes verstecken." Laut Müller leben in Brandenburg etwa 100 von Abschiebung bedrohte Familien mit ungewisser Zukunft. Deshalb wäre eine Kommission unbedingt erforderlich. ... Jetzt richten sich die Hoffnungen der Befürworter auf den SPD-Landesparteitag am 13. Oktober. Der Unterbezirk Spree-Neiße will dort einen Antrag auf Einsetzung einer Härtefallkommission einbringen. SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch signalisierte bereits Zustimmung.



Potsdamer Neueste Nachrichten vom 20.09.2001
Härtefallkommission abgelehnt

Potsdam. (dpa/PNN) Der brandenburgische Landtag hat am Mittwoch nach heftiger Debatte die Einsetzung einer Härtefallkommission für von Abschiebung bedrohte Ausländer abgelehnt. Für den von der PDS-Opposition eingebrachten Antrag stimmten 23, gegen ihn 53 Abgeordnete. Drei Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Auch Abgeordnete der Koalitionsfraktionen SPD und CDU setzten sich für den PDS-Antrag ein. Dazu gehört Uta Müller (SPD) aus Guben (Spree-Neiße). Die jüngsten Vorfälle in ihrem Landkreis hätten die Notwendigkeit gezeigt, ein Gremium zu schaffen, das humanitäre Lösungen in Einzelfällen ermöglicht, sagte sie. Gegenwärtig seien in Brandenburg etwa 100 Familien betroffen, sagte Müller. Ihre Zukunft sei äußerst ungewiß.



Uckermarker Kurier vom 20.09.2001
Gegen Einrichtung einer Härtefall-Kommission

Potsdam (ddp). Eine Härtefallkommission für abgelehnte Asylbewerber in Brandenburg wird es nach dem Willen der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU nicht geben. Einem entsprechenden Antrag der PDS-Fraktion werde die SPD heute im Landtag mehrheitlich nicht zustimmen, sagte Fraktionssprecher Ingo Decker gestern in Potsdam. Es sei aber vorstellbar, dass die beim Innenministerium angesiedelte Arbeitsgemeinschaft zur Asylbewerber-Altfallregelung ihre Tätigkeit auf Härtefälle ausweitet. Eine Härtefallkommission soll, so die PDS, Empfehlungen für den Umgang mit Asylbewerbern aussprechen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, und dabei humane Erwägungen einbeziehen. Einzelne SPD-Abgeordnete unterstützen den PDS-Antrag und bringen ihn mit ein. So kündigte Uta Müler (SPD) an, für den Antrag zu stimmen: "Wir brauchen eine solche Kommission, weil wir nicht warten dürfen, bis die Probleme über uns zusammenschlagen". In ihrem Kreis Spree-Neiße gebe es allein 40 Fälle, die begutachtet weren müssen. Zwar hätte man den Betroffenen nach geltendem Recht das Aufenthaltsrecht verweigert. Es bestehe aber die Chance, dass die Änderung des Zuwanderungsrechtes ihnen das Bleiberecht zuspreche. Für die CDU sagte Dirk Homeyer, der Antrag werde abgelehnt, weil eine solche Kommission das Recht konterkarieren würde. Die Betroffenen seien "durch alle rechtsstaatlichen Instanzen gegangen und haben nun ein Urteil." Würde eine Kommission dies aushebeln, dann "suggerieren wir der Öffentlichkeit, dass sie rechtsstaatliche Verfahren nicht mehr ernst nehmen muss."



Märkische Allgemeine Zeitung vom 20.09.2001
Keine Kommission für Härtefälle

PDS-Antrag abgelehnt/Debatte hält an Volkmar Krause
Potsam. Der Landtag hat gestern nach kontroverser Debatte die Einsetzung einer Härtefallkommission für von Abschiebung bedrohte Ausländer abgelehnt. Prominentester Gegner einer solchen Kommission ist Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). ... Jüngste Vorfälle in ihrem Landkreis Spree-Neiße hätten deutlich gemacht, dass ein solches Gremium dringend erforderlich sei, so Uta Müller. Wenn - wie bei der vietnamesischen Familie Nguyen - Integration bereits vollzogen sei, "dürfen wir Politiker uns einer humanitären Lösung nicht verweigern", erklärte die SPD-Politikerin. Während die Abschiebung der Nguyens auch durch Vermittlung des Kanzleramtes verhindert worden war, rechnet Müller in ganz Brandenburg mit 100 ähnlichen Fällen. Nach Auffassung von Justizminister Kurt Schelter (CDU) benötigt Brandenburg keine Härtefallkommission. Bei Entscheidungen der Behörden über das Schicksal von Bürgerkriegsflüchtlingen, ehemaligen DDR-Vertragsarbeitern und Asylbewerbern seien Härten oft vermeidbar. Schelter plädierte dafür, keine Entscheidungen am geltenden Gesetz vorbei zuzulassen. Härtefallkommissionen gibt es derzeit in Berlin, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Sie beschäftigen sich mit Fällen, in denen humanitäre Gründe gegen eine Abschiebung sprechen können. Für die Potsdamer SPD-Spitze ist die Diskussion um die Härtefallkommission mit Blick auf den Koalitionspartner CDU heikel. Einerseits müssen die Sozialdemokraten deshalb Rücksicht nehmen, andererseits regt sich an ihrer Basis Widerstand gegen die bisherige Abschiebungspraxis. Spree-Neiße-Landrat Dieter Friese (SPD) hatte jüngst die Abschiebung zweier kosovarischer Flüchtlings-Familien ausgesetzt. Der SPD-Unterbezirk Spree-Neiße will auf dem Landesparteitag am 13. Oktober einen eigenen Antrag auf Einsetzung einer Härtefallkommission einbringen. Intern werden dem Antrag gute Chancen auf eine Mehrheit eingeräumt.



Berliner Zeitung vom 20.09.2001
Brandenburg gegen Härtefall-Kommission

Die Einsetzung einer Härtefall-Kommission für ausländerrechtliche Streitfälle - wie von der PDS und einigen SPD-Abgeordneten gefordert - ist am Mittwoch von der Mehrheit der Koalitions-Fraktionen abgelehnt worden. Die CDU lehnt eine solche Kommission ab. Das geltende Ausländerrecht werde auch schwierigen Einzelfällen gerecht, sagte Justizminister Kurt Schelter (CDU). Innerhalb der SPD ist das Thema umstritten. Für den Parteitag im Oktober liegt ein Antrag des Kreises Spree-Neiße auf Einsetzung einer Härtefall-Kommission vor. Frakionschef Gunter Fritsch sagte, auch er unterstützte diesen Antrag. (ab)



Lausitzer Rundschau vom 20.09.2001
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