Pressemitteilungen
Grenzstau - Abgeordnete sind sauer auf die Regierung
26.06.2002
Potsdam/Guben.
Lausitzer Rundschau, Jan Siegel
Hinhaltetaktik der Ministerien gescheitert/Geheime Varianten
In Sachen Grenzstau auf der B112 setzt die Landesregierung
seit vielen Monaten auf ein "Zeitspiel ". Bei einer Sondersitzung des
Innenausschusses platzte den Landtagsabgeordneten gestern früh der "Kragen".
Es war wieder einer von den Berichten, die das Papier nicht wert sind, auf
dem sie stehen. Das, was die Mitarbeiter von Innenstaatssekretär Eike Lancelle
den Abgeordneten des Innenausschusses gestern Morgen zum Thema "Maßnahmen zur
Lösung des Stauproblems" vortrugen, war nichts wirklich Neues (die RUNDSCHAU
berichtete vorab). Einige Abgeordnete erkannten in den Anfangspassagen des
Papiers sogar ihre eigenen Situationsbeschreibungen wortwörtlich wieder, die sie
in die Ministerien schickten. Hatten die einfach nur abgeschrieben? Das Fazit
von Lancelles Bericht: Das polnische Abfertigungssystem an allen Grenzüergängen
nach Polen, muss verändert werden und deshalb ist das Stauproblem kein Thema für
Potsdam, sondern eins für Berlin und Warschau. Doch diesmal schlug das
"Ablenkungsmanöver" fehl. Die Abgeordneten aller Fraktionen wollen sich nicht
länger hinhalten lassen und bringen das Thema jetzt ganz offiziell in den
Landtag ein. "SPD und CDU sind sich einig. Heute oder morgen werden wir im
Plenum eine entsprechende Entschließung verabschieden", sagte die Gubener
SPD-Abgeordnete Uta Müller, die gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Dietmar
Woitke aus Forst das Thema in den Ausschuss gebracht hatte. Maßgeblich
vorangetrieben wurde das jetzige Verfahren auch von der Gubener CDU-Abgeordneten
Monika Schulz, die bei der Lösung des Problems ganz auf das gemeinsame Vorgehen
mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner setzt. Auf das Thema
aufgesprungen ist inzwischen auch die PDS, die einen eigenen Antrag mit der
gleichen Zielrichtung in den Landtag einbringt. Wird die Grenzstau-Entschließung
vom Landtag angenommen, woran keiner zweifelt, soll die Regierung verpflichtet
werden, alle drei Monate über den Fortgang der Problemlösung zu berichten.
"Trotzdem brauchen wir den Rückhalt und Druck aus der Region von den Betroffenen
und den Kommunen", sagte Uta Müller. "Die Verantwortlichen in der Regierung
müssen spüren, wie das Thema die Menschen bewegt und aufregt." Müller will in
diesem Zusammenhang auch Druckmittel, wie beispielsweise Straßenblockaden, nicht
ausschließen. Einer der eigentlichen Hauptakteure bei der Beseitigung der
Staublockade müsste Brandenburgs Verkehrsminister Hartmut Meyer sein. Doch der
ging in dieser Sache voll auf "Tauchstation". In den Lancelle-Bericht ließ er
diktieren: "Entgegen mitunter geäußerter Auffassungen ist für die
Rückstauproblematik nicht das Fehlen von Auffangparkplätzen für Lkw im Vorfeld
von Grenzübergängen die Ursache, sondern die unausgereifte Organisation der
Abfertigung des Warenverkehrs." Meyer will um jeden Preis verhindern, dass die
Ignoranz bei Planung der Grenzzufahrt von den Abgeordneten thematisiert wird.
Unausweichlich wäre dann die Debatte um den fehlenden Stauraum vor dem Übergang.
Doch dafür will Meyer keinen Euro locker machen. "Ich investiere in Straßen und
nicht in Parkplätze", soll er Abgeordneten zu dem Thema gesagt haben. Seine
Mitarbeiter im Straßenbauamt Cottbus sind da viel weiter. Sie haben bereits
mögliche Varianten für eine kurzfristige Lösung des Problems erarbeitet. Doch
der Minister scheint die öffentliche Debatte über die Stauraum-Varianten
verboten zu haben. Trotzdem liegt der RUNDSCHAU ein Papier vor, in dem eine
favorisierte Variante aus dem Straßenbauamt beschrieben ist. Dabei handelt es
sich um die so genannte "Variante2". Danach könnte ein Parkplatz parallel zur
B112 direkt am Ortsausgang von Guben entstehen. Der Platz hätte eine Kapazität
von 110 Stellflächen. Die Kosten dafür schätzt das Straßenbauamt auf etwa 700000
Euro. Doch davon will Hartmut Meyer nichts wissen. Er scheint den
lebensgefährlichen Stau lieber weiter in Kauf zu nehmen. Bereits in der
Vergangenheit hatte die regelmäßig wiederkehrende Lkw-Schlange ihre Opfer
gefordert. Mehrere Menschen waren bei Unfällen im Stau zum Teil schwer verletzt
worden. Die Frage, wann das erste Todesopfer zu beklagen ist, ist eine Frage der
Zeit.
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