Pressemitteilungen
Potsdam, 03.03.2004
SPD-Landtagsfraktion Brandenburg Uta Müller, hochschulpolitische Sprecherin Rede zum TOP 4 der 91. Sitzung des Landtages Brandenburg: "
2. Lesung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes"
- es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren.
In der letzten Legislatur hat die SPD ein
Hochschulgesetz beschlossen, das sich bis heute sehr gut bewährt hat. Die
Autonomie der Hochschulen wurde gestärkt und unsere Hochschulen erhielten den
Rahmen, innerhalb dessen sie Strukturen, Studiengänge und Forschungsaktivitäten
entwickeln und reformieren konnten. Bundesgesetzliche Vorgaben haben nun eine Novellierung
des Brandenburgischen Hochschulgesetzes erforderlich gemacht.
Schon während der ersten Lesung im August
vergangenen Jahres wurde deutlich: Der ganz große Wurf ist mit diesem Gesetz noch
nicht gelungen. Denn immer noch besteht Regelungsbedarf bei der Umsetzung
bundesrechtlicher Rahmenvorgaben im Hochschulbereich. Ich nenne nur das
Professorenbesoldungsreformgesetz, das die Einführung von Leistungsbezügen und
der Gehaltskategorie W wie Wissenschaft für Professoren vorsieht und das 6. Gesetz
zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, das ebenfalls noch in
brandenburgisches Landesrecht gegossen werden muss. Immerhin hat, so habe ich
vernommen, das Professorenbesoldungsreformgesetz gestern die Kabinettshürde
genommen. Ich hoffe, dass die Zeit noch reichen wird, es bis zur Sommerpause zu
verabschieden.
Vor über 2 Jahren ist das 5. Gesetz zur
Änderung des Hochschulrahmengesetzes in Kraft getreten, mit dem die Struktur
des hauptamtlichen Personals an den Hochschulen grundlegend umgestaltet wird. Die
wohl wichtigste Neuerung ist die Einführung der Juniorprofessur als
Regelqualifikation für eine Professur an einer Universität. Abgeschnitten wird
damit ein alter Zopf deutscher Ordinarienherrlichkeit: die Habilitation.
International ist die Habilitation ohnehin unerheblich. Die Juniorprofessur wird
jetzt auch im brandenburgischen Hochschulgesetz geregelt, gleichfalls die
Lockerung des Hausberufungsverbotes, die Abschaffung der Personalkategorien
Assistenten, Oberingenieure und Hochschuldozenten sowie die Neugestaltung der
dienstrechtlichen Stellung der wissenschaftlichen und künstlerischen
Mitarbeiter. Darüber hinaus wird mit dem vorliegenden Gesetz im § 7 die
Lehrevaluation neu geregelt, aber gleichzeitig die Bedeutung des
Landeshochschulrates relativiert. Durch den neuen § 81a wird die staatliche
Anerkennung von Betriebsakademien bestimmt, deren Dringlichkeit uns bis heute
nicht einsichtig ist.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist
der neue Absatz 5 im Paragraphen 25, durch den die Hochschulen die Möglichkeit
erhalten, über Eignungsfeststellungsprüfungen Studienbewerber auszuwählen. Ich
bin gespannt, in welchem Umfang die Hochschulen von dieser Möglichkeit Gebrauch
machen werden. Doch um die Studienabbrecherquote zu senken und schulische
Defizite auszugleichen, bedarf es zusätzlicher Förderangebote und der
intensiven Betreuung der Studierenden.
Bevor ich Ihnen die Annahme des Gesetzes
empfehle, möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der zum offenen Streit in
der Koalition geführt hat. Verbeamtung oder Nicht-Verbeamtung von Professoren,
das war die Frage. Sowohl im Hochschulrahmengesetz als auch im vorliegenden
Gesetzentwurf stehen beide Möglichkeiten zur Auswahl – leider nur auf dem
Papier. In der Praxis werden Professoren verbeamtet. Wir alle wissen, dass Beamte
für den Arbeitgeber während ihrer aktiven Jahre finanziell günstiger kommen. Künftige
Landeshaushalte werden jedoch durch anfallende Beamtenpensionen nachhaltig belastet.
Beamte zahlen weder in die Rentenkasse noch Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung. Da sie in der Regel privat krankenversichert sind,
müssen sie auch keine Beiträge in die gesetzlichen Krankenkassen entrichten.
Ich glaube, ich brauche an dieser Stelle nicht weiter über die Finanznöte der
Sozialkassen reden oder über die von allen Seiten geforderte Senkung der
Lohnnebenkosten.
Müssen Professoren Beamte sein? Die
SPD-Fraktion hat sich dazu klar und eindeutig positioniert und sagt nein. Und
nicht nur die SPD-Fraktion, sondern auch der Landtag zur Gänze. Ich möchte Sie
daran erinnern, dass wir vor nicht mal drei Monaten hier in diesem Raum ohne
Gegenstimmen einen Beschluss zum Haushaltsgesetz gefasst haben, nachdem im Land
Brandenburg Verbeamtungen nur vorgenommen werden sollen, wenn das Bundesrecht
dies ausdrücklich vorsieht. Und weder das Grundgesetz (Art. 5 Abs. 3 GG) noch
das Hochschulrahmengesetz (§§ 46, 48 HRG) machen hierzu zwingende Vorgaben. Den
Streit in der Koalition hat wie wir alle wissen der Koalitionsvertrag
entschieden.
Natürlich
ist das Argument vom Standortnachteil nicht von der Hand zu weisen und das
Problem soll auch nicht im brandenburgischen Alleingang gelöst werden. Aber wir
sollten nicht so tun, als ob uns mit dem Wegfall des Beamtenstatus eine
Professorenflucht aus Brandenburg das Land in geistige Armut stürzt. Ich
glaube, für einen engagierten Wissenschaftler sind die Forschungsmöglichkeiten
die ihm eine Hochschule bietet allemal wichtiger als der Beamtenstatus. Professoren,
die den Beamtenstatus höher werten als ihre Aufgabe, sind mit Sicherheit keine
Bereicherung für Brandenburg. Auch der Wissenschaftsrat fordert einen einheitlichen Personalstatus für
alle Mitarbeiter von Wissenschaftseinrichtungen und stellt klar, dass es keine
zwingenden Gründe für die Verbeamtung von Hochschullehrern gibt und deshalb im
Wissenschaftsbereich auf den Beamtenstatus verzichtet werden kann. Das letzte
Wort ist hier also noch nicht gesprochen.
Ungeachtet des Konfliktes über die Verbeamtung von Professoren denke
ich, unsere Hochschulen sind auf gutem Weg – als Lehreinrichtungen, als Forschungsstätten
und als Motor für die weitere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung
unseres Landes. Genauso wichtig wie ein Gesetz ist die sichere finanzielle und
materielle Ausstattung unserer Hochschulen, damit die Innovationskraft, die von
ihnen ausgeht, nicht nachlässt. Ich empfehle die Annahme des Gesetzes.
|